Aufnahme von Eisen

Lesedauer: 15 Minuten

Aufnahme von Eisen

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Eisen ist ein zentrales Spurenelement für Sauerstofftransport, Zellatmung und zahlreiche enzymatische Prozesse. Die intestinale Eisenresorption erfolgt im oberen Dünndarm über spezifische Transporter, wird aber primär systemisch durch das Leberhormon Hepcidin gesteuert. Die Regulation der Hepcidinproduktion hängt unter anderem vom HFE-Gen ab, das bei bestimmten Genvarianten in seiner Funktion eingeschränkt ist. Dies kann zu einer unkontrollierten Eisenaufnahme und zur Entwicklung einer Hämochromatose führen – einer klinisch relevanten Eisenüberladung mit Organbeteiligung. Der folgende Beitrag beschreibt die physiologischen Grundlagen der Eisenaufnahme, die Rolle des HFE-Gens in der Systemregulation sowie praktische Implikationen für Screening und Risikobewertung in der ärztlichen Betreuung.

Das Wichtigste in Kürze
  • Eisen ist essenziell für Sauerstofftransport, Zellatmung, DNA-Synthese und Immunabwehr. Es wird ausschließlich über die Nahrung aufgenommen, wobei tierisches Hämeisen besser resorbiert wird als pflanzliches Nicht-Hämeisen. Die Resorption erfolgt im Duodenum über spezialisierte Transporter (DMT1, HCP1) und wird über das Hormon Hepcidin fein reguliert.

  • Das HFE-Gen steuert die Hepcidinproduktion und damit die Eisenaufnahme. Genetische Varianten, insbesondere rs1800562 (C282Y), können diesen Regulationsmechanismus stören. Folge kann eine unkontrollierte Eisenresorption sein, die zur Eisenüberladung (Hämochromatose) führen kann – mit Risiken für Leber, Herz, Pankreas und andere Organe.

  • Betroffene Personen lagern überschüssiges Eisen ein, was oxidativen Stress und entzündliche Gewebeschäden fördern kann. Die Symptome reichen von Erschöpfung über Leberfunktionsstörungen bis zu Diabetes und Herzrhythmusstörungen – oft erst spät erkannt.

  • Für die medizinische Praxis ist wichtig, dass bei Risikopatient:innen mit genetischer Prädisposition (v. a. C282Y-Homozygote) Eisenstatus und Ferritinwerte regelmäßig kontrolliert und ggf. die Eisenzufuhr begrenzt werden. Frühzeitige Diagnostik durch HFE-Gentestung ermöglicht eine effektive Prävention schwerwiegender Folgeerkrankungen.

Inhaltsverzeichnis

Eisen ist ein lebensnotwendiges Spurenelement, das in nahezu allen biologischen Systemen eine zentrale Rolle spielt. Es handelt sich um ein sogenanntes Übergangsmetall, das in der Lage ist, Elektronen zu übertragen, wodurch es prädestiniert ist für zahlreiche redoxaktive Prozesse im menschlichen Organismus. Diese Eigenschaft macht Eisen unersetzlich für fundamentale Funktionen wie den Sauerstofftransport, die Zellatmung, die DNA-Synthese sowie für immunologische, neurologische und hormonelle Prozesse. Trotz seiner geringen absoluten Menge im Körper, durchschnittlich etwa drei bis fünf Gramm bei einem Erwachsenen, ist Eisen für das Überleben und die Funktionalität jeder einzelnen Zelle essenziell. Aufgrund seines Potenzials, oxidative Schäden zu verursachen, ist der Körper darauf angewiesen, Eisen streng zu kontrollieren, es überwiegend protein-gebunden zu transportieren und zu speichern und den Eisenstoffwechsel feinfühlig zu regulieren.

Ein erheblicher Teil des Gesamteisens ist funktionell eingebunden: Rund 60–70 % befinden sich im Hämoglobin der Erythrozyten, wo Eisen in Form von zweiwertigem Eisen (Fe²⁺) zentral in der Häm-Gruppe eingebettet ist und eine reversible Sauerstoffbindung ermöglicht. Weitere 10 % des Eisens sind im Myoglobin gespeichert, einem sauerstoffbindenden Protein der Muskelzellen, insbesondere in Herz- und Skelettmuskulatur. Etwa 15–20 % des Eisens liegen in Speicherformen vor, primär als Ferritin und bei Überladung auch als Hemosiderin, hauptsächlich in der Leber, der Milz und dem Knochenmark. Ein kleiner, aber biologisch hochrelevanter Anteil des Eisens ist an Enzyme gebunden, die zentrale Funktionen in der mitochondrialen Atmungskette (z. B. Cytochrome, Eisen-Schwefel-Komplexe), der Entgiftung (z. B. Cytochrom P450), der DNA-Replikation (z. B. Ribonukleotid-Reduktase) oder der Neurotransmittersynthese (z. B. Tyrosin-Hydroxylase) übernehmen. Der freie, „nicht gebundene“ Eisenpool im Plasma ist extrem gering, da ungebundenes Eisen hochreaktiv ist und die Bildung freier Radikale über Fenton-Reaktionen katalysieren kann, was potenziell zelltoxisch wirkt.

Die Aufnahme von Eisen in den Körper erfolgt ausschließlich über die Nahrung und ist abhängig von Form, Matrix und Begleitstoffen der jeweiligen Lebensmittel. Grundsätzlich wird zwischen zwei Formen unterschieden: Hämeisen, das überwiegend in tierischen Produkten (z. B. Fleisch, Innereien) vorkommt und als Bestandteil der Häm-Gruppe direkt und effizient über spezifische Transportmechanismen aufgenommen wird, sowie Nicht-Hämeisen, das in pflanzlichen Quellen enthalten ist und in seiner dreiwertigen Form (Fe³⁺) zunächst durch Reduktasen im Darm in die zweiwertige, absorbierbare Form (Fe²⁺) umgewandelt werden muss. Die Aufnahme von Hämeisen liegt typischerweise bei etwa 15–35 %, während Nicht-Hämeisen mit einer Aufnahmequote von 2–20 % deutlich variabler ist und stark durch andere Nahrungsbestandteile beeinflusst wird. Positiv wirken sich unter anderem Vitamin C, organische Säuren (z. B. Zitronensäure, Milchsäure) und bestimmte Aminosäuren aus, während Phytate, Oxalate, Polyphenole und hohe Mengen an Calcium die Absorption hemmen können.

Der primäre Ort der Eisenaufnahme ist der obere Dünndarm, insbesondere das Duodenum. Hier erfolgt die Resorption über spezialisierte Transporter: Nicht-Hämeisen wird über den Divalent Metal Transporter 1 (DMT1) aufgenommen, während Hämeisen über den Häm-Carrier-Protein 1 (HCP1) in die Enterozyten gelangt. Innerhalb der Darmzellen kann Eisen entweder temporär in Ferritin gespeichert oder über den einzigen bekannten zellulären Eisenausfuhrtransporter Ferroportin in das Blut abgegeben werden. Der Export von Eisen aus den Enterozyten und anderen eisenverarbeitenden Zellen wird systemisch durch das Leberhormon Hepcidin reguliert. Dieses zentrale Regulatormolekül bindet an Ferroportin, führt zu dessen Internalisierung und Abbau und senkt dadurch die Eisenfreisetzung in den Blutkreislauf. Bei hohem Eisenstatus oder inflammatorischen Reizen steigt die Hepcidinproduktion an, was zu einer verminderten Eisenverfügbarkeit führt. Umgekehrt wird bei Eisenmangel oder erhöhtem Erythropoese-Bedarf die Hepcidinsynthese gehemmt, wodurch vermehrt Eisen aus der Nahrung aufgenommen und aus den Speichern mobilisiert wird. Im Plasma wird freies Eisen nahezu vollständig an das Transportprotein Transferrin gebunden. Transferrin kann zweiwertiges Eisen in oxidierter Form (Fe³⁺) binden und transportiert es über den Blutstrom zu eisenabhängigen Geweben, insbesondere dem Knochenmark, wo es für die Hämoglobin-Synthese in der Erythropoese benötigt wird. Zellen nehmen Eisen durch Transferrinrezeptoren auf, die durch Endozytose ganze Transferrin-Eisen-Komplexe internalisieren. Nach Freisetzung und intrazellulärer Nutzung wird Transferrin wieder ins Blut zurückgeführt.

Die präzise Regulation des Eisenstoffwechsels ist entscheidend, da sowohl Eisenmangel als auch Eisenüberladung schwerwiegende Folgen haben können. Eisenmangel beeinträchtigt die Hämoglobinsynthese und führt langfristig zu Anämie, verminderter kognitiver Leistungsfähigkeit, geschwächter Immunabwehr und erhöhter Infektanfälligkeit. Eine Eisenüberladung hingegen kann durch verstärkte Bildung freier Radikale zu chronischen Organschäden, insbesondere in Leber, Herz und endokrinen Organen, führen. Der menschliche Organismus verfügt über keine aktive Ausscheidungsfunktion für überschüssiges Eisen, weshalb die Resorptionssteuerung über den Darm die zentrale Stellgröße im Eisenhaushalt darstellt.

grafische Darstellung wie das HFE Gen die Aufnahme von Eisen beeinflusst.
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Implikationen für den Praxisalltag

Eisen ist ein essenzielles Spurenelement für die Erhaltung der Blutgesundheit. Es ist ein Bestandteil des Hämoglobins und Myoglobins – Proteine, die für die Sauerstoffversorgung in unserem Körper zuständig sind. Ein Mangel an Eisen kann nicht nur zu Müdigkeit und Erschöpfung führen, häufige Mangelsymptome sind auch: Haarausfall, brüchige Nägel, Konzentrationsstörungen, Lernschwäche, Schwindel etc. Doch nicht nur ein Eisenmangel kann unseren Körper negativ beeinträchtigen, auch ein Überschuss an Eisen kann gefährlich werden. Wenn das HFE-Gen ein funktionierendes HFE-Protein erzeugen kann, wird die Eisenaufnahme innerhalb unseres Körpers strengstens reguliert. Durchschnittlich absorbiert man etwa 10% des Eisens, das durch unsere Ernährung aufgenommen wird (1-2mg). Bei Hämochromatose steigt dieser Wert auf 3-4 mg. Dadurch vermehrt sich das Gesamtkörpereisen von 4-5g auf bis zu 80g. Bereits ab 20g sind erste klinische Symptome zu beobachten. Wird die Hämochromatose nicht rechtzeitig entdeckt und behandelt, führt diese Erkrankung unweigerlich zum Tod. Kann jedoch anhand von genetischen Parametern eruiert werden, dass ein Patient ein erhöhtes Risiko hat, kann man früh genug anfangen auf seinen Eisenkonsum zu achten und somit Leberzirrhosen oder Diabetes vermeiden.

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